jauchzen ächzen andersmachen

für ulrike bergermann

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jauchzen ächzen andersmachen

„Protestperlen“ ist ein Geschenk für Ulrike Bergermann zum 60. Geburtstag.
Mit „Protest“ und „Perlen“ scheinen uns die vielfältigen Relationen treffend charakterisiert, die Ulrike mit Menschen aus unterschiedlichsten Feldern verbindet.
Gemeinsam jauchzen wir, ächzen wir und gemeinsam wollen wir Dinge andersmachen!
Um Ulrike und ihre Großartigkeit zu feiern, haben wir Freund*innen und Kolleg*innen eingeladen Perlen für diese Website beizutragen – Euch allen sei herzlich gedankt!

Initiative, Idee, Konzept und Koordination:
Andrea Seier, Christine Krischan Hanke, Henriette Gunkel, Nanna Heidenreich, Sybille Bauriedl.

Graphisches Konzept, Layout und Umsetzung:
Fritz Laszlo Weber.

28.02.2024

Mit Beiträgen von

Hinweis zur Nutzung

Protestperlen, die auf diesem Computer noch nicht besucht wurden, haben einen leuchtenden Schatten. Nach dem Besuch verschwindet der Schatten. So sind unbesuchte Protestperlen leicht visuell erkennen.
Der Speicher für besuchte Protestperlen kann über diesen Link zurückgesetzt werden. Danach leuchten wieder alle Perlen.

Henriette Gunkel

Notes of Acknowledgements

ACKNOWLEDGEMENT    

NOUN: 

acceptance of the truth or existence of something 

recognition of the importance or quality of something. 

>> the action of showing that one has noticed someone or something. 

>> a letter confirming receipt of something. 

a statement printed at the beginning of a book expressing the author's or publisher's gratitude to others.

1.

Im Deutschen rückt die Danksagung, zumindest bei einer schnellen Netzrecherche, schnell an den Todesfall heran, formuliert als Reaktion auf Anteilnahme an diesem. Der englische Begriff Acknowledgement scheint das Potential der unterschiedlichen Ebenen der Anerkennung eher zu greifen bzw. zumindest anzudeuten: das Sehen von Jemand oder Etwas, die Realisierung, dass diese oder dieses wichtig ist, nicht nur für einen selbst, und das damit verbundende Bemühen, sich (immer wieder aufs Neue) ins Verhältnis zu setzen.

Wenn ich durch die Signalnachrichten mit Ulrike scrolle, entdecke ich neben Ausstellungs- und Veranstaltungstipps sowie Textempfehlungen immer wieder Selbstbilder. Nie mit Selfie-Stick aufgenommen (der ist entgegen dem 2018 postulierten Tod des Selfies tatsächlich tot) und auf keinen Fall auf der Suche nach dem perfekten Image. Die Selbstbilder sind schnell, fast beiläufig aufgenommen, und dokumentieren in erster Linie einen bestimmten Moment, the existence of somethingof something in relation. Dabei geht es nicht allein um das Selbst, sondern darum, das Selbst in Beziehung zu setzen: zu einer bestimmten Umgebung und vor allem zu anderen Personen. Eben nicht für Social Media, durch eine oder mehrere Fotobearbeitungs-Apps modifiziert, und für AI als erstes und letztes Publikum, wie Claire Raymond (2021) z.B. schreibt. Vielmehr: an image of the self, by the self, for oneself and those I want to remember.

2.

Mit der offiziellen akademischen Danksagung habe zumindest ich sehr spät begonnen, ich musste mich erst einmal von der eingetrichterten Idee befreien, dass alles originell und original sein muss und am besten ganz allein konzipiert und durchdacht. Singularität statt Kollektivität. Die hier abgebildeten Acknowledgements sind also nur ein Bruchteil von dem, was hier hätte stehen müssen; sie verweisen vielmehr auf Leerstellen (mal wieder Leerstellen!). Die Acknowledgements betreffen nicht nur die kluge und genaue Auseinandersetzung mit fertig geschriebenen Texten, sondern müssten ausgeweitet werden auf Vorträge, die es nicht zur Veröffentlichung geschafft haben, auf Vortragsthemen („dazu müsste mal jemand arbeiten!“, „mach doch was zu dem Thema!“) oder Seminarthemen. Mentorship galore. Unsichtbare Arbeiten im akademischen Wissenschaftsapparat, die aber vor allem Denkverbindungen aufmachen, die nicht außerhalb, sondern Teil des Politischen (klar!), aber auch des Sozialen und des Persönlichen sind (thank you for the dating advice!).

Nanna Heidenreich schreibt in ihrem Beitrag an Ulrike von dem lesbischen Knäuel und ich frage mich also, was sind die akademischen Denkverbindungen, die aus schlauen Kommentaren, kritischem Lesen, Diskutieren, Ignorieren und einfach grundsätzliche Begeisterung und Bestärkung (in the best feminist possible way) bestehen? Wie sähe der akademische Chart aus? Wie findet dieser Ausdruck und wo ist ihm nachzuspüren?

 

Die von Gustav Franz aufgenommenen Fotos zeigen "Mules, Lines and Telegraphs" (2023) von Tuli Mekondjo. Ich möchte mich ausdrücklich bei Tuli Mekondjo dafür bedanken, dass ich die Bilder in diesem Kontext abbilden durfte. 

3.

Eigentlich sollten im Spätsommer 2023 in einem Archiv in Braunschweig neue Verbindungen geknüpft werden, zusammen mit der namibischen Künstlerin Tuli Mekondjo Mbumba. Das Archiv wurde renoviert und somit der Bestand, der uns interessierte, an einem anderen, nicht zugänglichen Ort untergebracht. Wir schmieden gerade neue Pläne. Bis dahin bleiben die Verbindungslinien in der Arbeit Mules, Lines and Telegraphs (2023, Fotos von Gustav Franz) von Tuli Mekondjo als eine Form des future mappings hier stehen, in der sie die deutsche koloniale Medienkommunikation und Mediengeschichte über die Geschichte der Telegraphie und den Kupferdraht in den Blick nimmt – eine Form des Kupferdrahts, wie ihn Ulrike in ihrem tollen Text "Deep Empire" (siehe Christine Krischan Hankes Text zu Ulrike) in den Blick nimmt, wie ich ihn in der Namib Wüste im Kontext der Forschung zur kolonialen Infrastruktur der Extraktion vorgefunden habe und über dessen Materialität Noam Gramlich in der Monographie Zur Kolonialität von Kupfer. Eine situierte Mediengeologie der Mine in Tsumeb schreibt.

Die Verbindungslinien werden also weitergeknüpft, finden sich in postkolonialen bzw. dekolonialen Stadtrundgängen wieder („Heute ein ruhiger Tag, statt Seminaren ein Stadtrundgang mit Amo-Braunschweig postkolonial“), in der anhaltenden Auseinandersetzung mit der eigenen Situiertheit im Schreiben, in den Ausstellungs- und Museenbesuchen und vielem mehr, bis das Archivmaterial wieder zugänglich ist. Recognition of the importance for the things to come!